Stadtführung durch Roth (28.10.2010)
Was die Stadt Roth an Sehenswürdigkeiten vornehmlich historischer Art zu bieten hat, wurde den Teilnehmern aus dem Kreisverband Roth und dessen Gästen von Stadtführer Hansjörg Herold anschaulich und unterhaltsam beschrieben und vor Augen geführt.
Treff- und Ausgangspunkt war der Hof des Schlosses Ratibor, vielen durch die Rother Schlosshofspiele bekannt. Ab 1535 ließ Markgraf Georg der Fromme ein Jagdschloss erbauen, dem er den Namen Ratibor“ gab, um damit an seine durch geschickte Territorialpolitik erworbenen Besitzungen in Schlesien zu erinnern. Letztere ermöglichten ihm in finanzieller Hinsicht überhaupt erst den Bau in Roth, der – man staune – in nur drei Jahren aufgerichtet war. Weniger geläufig ist, dass das Schloss lange Jahre als Fabrik für die Tressen- und Bortenfabrikantenfamilie Stieber diente, die ursprünglich auf dem Gelände um das heutige Jugendhaus beheimatet war. Nach dem wirtschaftlichen Aufschwung ab 1871 begann der damalige – inzwischen geadelte - Schlossherr Wilhelm von Stieber mit dem Umbau des Schlosses zu einen äußerst noblen Fabrikherren-Wohnsitz. Die Einrichtung aus dem letzten Jahrzehnt des 19. und dem ersten des 20. Jahrhunderts ist erhalten, wobei in den Privat- als auch Repräsentationsräumen Stiebers F aibles für italienischen Barock und fränkische Dürerzeit zu beobachten sind; einiges an Mobiliar ließ er von Originalen beispielsweise im Fembohaus Nürnberg abkupfern. Der renovierte Prunksaal – vielen Rothern durch Konzerte bekannt – ist für derartige Veranstaltungen nicht mehr zugänglich, da die üppige Reliefverzierung nicht mit Blattgold, sondern Schlagmetall auf Messingbasis belegt wurde, das die Ausdünstungen von Menschenmengen nicht verträgt.
Mit dem Ausbau des Schlosses verlegte Stieber die Manufaktur (die heutige LEONI – viertgrößter Kabelproduzent weltweit) auf das Gelände der ehemaligen Pulvermühle, die von einem gewissen Hauslaib gegründet wurde und die österreichische Armee exklusiv mit Schießpulver versorgte. Dass dieses Gelände ganz offiziell einmal Rednitzhausen“ hieß, ist nicht allgemein geläufig.
Von den 15 Häusern des trapezförmigen Marktplatzes der Stadt Roth waren allein 7 Brauereien bzw. Tavernen, um die in großer Zahl kommenden Reisenden zu versorgen. Es kreuzten sich die sog. Levante“-Strasse, die von Erfurt über Nürnberg und Augsburg nach Venedig führte und die Salzstrasse von Berching her, wodurch die Stadt manchmal mit Händlern und ihrem Personal regelecht überfüllt war. Übrigens gab es hier schon frühzeitig eine Badeanstalt, denn in Nürnberg verlangte man aus Furcht vor Seuchen einen Säuberungsnachweis.
Nicht nur regional, auch bayernweit bedeutend wurde Roth durch seine Funktion als Asylstadt. Asyl (damals Freiung“ genannt) wurde Flüchtenden als Schutz vor Racheakten gewährt, wenn die Beauftragten der Stadt von der ehrlichen“, also unabsichtlichen Missetat überzeugt waren. Der Antragsteller musste einen Gulden pro Jahr entrichten und konnte darüber hinaus Bürger der Stadt werden. Für Verhandlungen mit auswärtigen Gegnern wurde ihm körperlicher Schutz zugesagt und ein Rechtsgelehrter gestellt. Heute erinnern der Sieh-dich-für-Weg“ und ein Denkmal an diese zumindest hierzulande einmalige Einrichtung, die 1797 durch die preußische Regierung aufgehoben wurde.
Text und Bild von Claus Raumberger